Gunda Röstel berichtet über Ihre Arbeit im Wasserstoffrat der Bundesregierung

Warum Wasserstoff für den Klimaschutz eine wichtige Rolle spielt

Fossile Energieträger aus Kohle, Öl und konventionellem Gas sollen bis spätestens 2050 nahezu vollständig durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Doch weil die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht, Biomasse eine begrenzte Möglichkeit darstellt und auch natürliche Wärmeressourcen und Wasserkraft die Energiebedarfe in Deutschland allein nicht decken, brauchen die Erneuerbaren einen verlässlichen Partner. Energiespeicherung muss zur Sicherung der Versorgung im industriellen und privaten Bereich zu tragfähigen Preisen verlässlich funktionieren. Eine rein auf Elektrifizierung ausgerichtete Energiewende ist allein schon aus Kostengründen kaum darstellbar. Industriell spielt neben der Energieversorgung selbst auch die Grundstoffproduktion eine bedeutende Rolle. Mit Hilfe von Wasserstoff werden jedoch genau hierfür wichtige Antworten gegeben.

Die Idee, Wasserstoff zu nutzen, ist nicht neu. Forschung und Entwicklung zum Thema Brennstoffzelle gibt es seit mehr als zwei Jahrzehnten. Zudem dient Wasserstoff selbst bereits seit langem als Grundstoff in Industrieprozessen, etwa in der Chemieindustrie oder in Raffinerien.

Bisher erfolgte die Erzeugung von sogenanntem grauem Wasserstoff aus fossilen Ressourcen. Diese Produktion war wirtschaftlich gut darstellbar, muss sich jedoch, unter der Zielstellung der Null-Emissionen, grundlegend ändern.

Mit der nationalen und europaweiten Wasserstoffstrategie werden die richtigen Weichen gestellt, um die Wasserstoffproduktion grüner und am Ende emissionsfrei zu ermöglichen.

Damit verknüpfen sich nicht nur Chancen für das Klima, sondern auch für die Entwicklung neuer Technologien, neuer Wertschöpfung und die klimafreundliche Integration der bestehenden Gasinfrastruktur.

Welche Herausforderungen zu bewältigen sind

Zunächst muss es gelingen über belastbare Mengengerüste die tatsächlichen Bedarfe in Wirtschaft und Gesellschaft zu ermitteln. Hierzu gibt es bereits zahlreiche Studien und auch der neu ins Leben gerufene Wasserstoffrat, der die Regierung im Wortsinn auf diesem Weg begleitet, trägt zur Beantwortung der Fragen bei. Allein für den Industriesektor bedarf es einer Wasserstoffproduktion von rund 55 TWh. Wenn nun möglichst schnell CO2-Emissionsminderung erreicht werden soll, wird es für Übergangszeiträume einen raschen Schwenk vom „grauen“ Wasserstoff zum „blauen“ oder in einigen Jahren vielleicht auch zum „türkisen“ Wasserstoff geben müssen. Dies sind Verfahren, die aus Methan durch Dampfreformierung bzw. Pyrolyse Wasserstoff herstellen und bei denen der Kohlenstoff entweder rückverpresst oder als fester Bestandteil zu verbringen ist. Ein wichtiges Ziel hierbei ist auch das Entweichen von Methan, den sogenannten Methanschlupf, im Zuge der Förderung, deutlich zu senken. Daneben soll von Anfang an der Hochlauf von „grünem“ Wasserstoff starten. Verfahrenstechnisch, mittels Elektrolyse, bedarf es hierfür Wasser und erheblicher Mengen erneuerbarer Energien. Die Herausforderung besteht neu v. a. darin, technologisch wie auch durch geeignete politische Rahmen, die Wirtschaftlichkeit von grünem Wasserstoff deutlich zu verbessern. Und nicht zuletzt: Klimaneutrale Wasserstoffproduktion braucht den massiven Ausbau erneuerbarer Energien national wie international.

Welche Sektoren in besonderer Weise die Wasserstoffproduktion benötigen

Schon heute ist völlig klar, dass insbesondere energieintensive Industriesektoren wie die Stahl-, Alu- oder Chemieindustrie zwingend auf die Versorgung durch Wasserstoff angewiesen sind. Darüber hinaus bedarf es im Flug-, Schiffs- und ggf. auch im Schwerlastverkehr ebenfalls eines sicheren klimaschutzkonformen Energieträgers. Die Antwort ist auch hier Wasserstoff. Aber auch im Energiesektor zur Sicherstellung der Versorgung und im Besonderen im Wärmebereich kommt Wasserstoff eine hohe Bedeutung zu. Schon heute fördert die KfW deshalb den Einsatz von Brennstoffzellen bei der Modernisierung privater Heizanlagen, die sofort CO2-Emissionsminderungen erzeugen und sich später dann vergleichsweise einfach auf Wasserstoff umstellen lassen.

Mit Anschubfinanzierungen der Bundesregierung von 7 Mrd. EUR für Forschung und den Aufbau neuer Wertschöpfungsketten und weiteren 2 Mrd. EUR für internationale Partnerschaften zur auf erneuerbaren Energien basierten Wasserstoffherstellung, wird sich die Entwicklung rund um das Thema Wasserstoff deutlich beschleunigen.

Ob in einigen Jahren Wasserstoff für unsere Spezialfahrzeuge bei der SEDD oder in der Wärmeversorgung unserer Gebäude eine herausragende Rolle spielt, ist noch offen. Wir werden die Entwicklung in jedem Fall mit großem Interesse verfolgen.