Dresden auf dem Weg zur Schwammstadt

Wetterextreme nehmen zu. Extrem trockene Sommer und extreme Starkregen sind im Dresdner Elbtal in den vergangenen Jahren viel häufiger geworden. Dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge gehört der Raum Dresden mit zu den trockenen Gebieten im Land. Er lag als einer der wenigen in Ostdeutschland in den vergangenen drei Jahren oft unter dem langjährigen Niederschlagsdurchschnitt von 1961 bis 1990, was als Vergleichsbasis gilt. Bis Ende des Jahrhunderts soll es noch mehr trockene Tage geben. Schon jetzt regnet es in Sachsen im Vergleich zum Beginn der flächendeckenden Aufzeichnung elf Prozent weniger. Der Grund ist die seitdem um 1,5 Grad gestiegene Temperatur. Wenn im Sommer Niederschlag fällt, soll es mit Starkregen aber häufiger kräftig schütten, so die Prognose.

Der Plan: Möglichst viel Regenwasser speichern

Die Stadt Dresden muss viel unternehmen, um besser auf solche Extreme vorbereitet zu sein und somit auch das Stadtklima zu verbessern. Die große Herausforderung ist, die Stadt zukünftig wassersensibel zu entwickeln. Das bedeutet, möglichst viel Regenwasser im Boden vor Ort zu speichern. Somit würde Dresden zur Schwammstadt.

Damit kann der natürliche Wasserhaushalt ausgeglichen werden. So steht auch für Trockenzeiten noch ausreichend Wasser für die Natur zur Verfügung. Das führt auch dazu, dass weniger Wasser auf versiegelte Flächen abgeleitet wird, womit der Schutz vor Überflutungen im Starkregenfall verbessert werden kann.

Außerdem wird auf diese Weise weniger Regenwasser in Kanäle und von dort in Gewässer eingeleitet. Da dieses Wasser auch verschmutzt sein kann und teilweise in sehr großen Mengen anfällt, können damit die Belastungen unserer Gewässer reduziert werden. Umso wichtiger ist es, die natürlichen Ressourcen zu nutzen. 

„Wohin mit dem Regenwasser?“ Über diese Frage hatten im März Fachleute bei einer Tagung in der Dresdner Ballsport-Arena diskutiert, die die Stadt und die Stadtentwässerung organisiert hatte und zu der 130 Wasserexperten gekommen waren. „Wir haben dabei Strategien für eine wassersensible Stadt entwickelt“, erklärt Dr. Stefan Trülzsch. Der Teamleiter ist bei der Stadtentwässerung für die Generelle Planung und damit auch für solche Themen zuständig. Er leitet die neue Arbeitsgruppe, in der über den schnellen Weg von Dresden zu Schwammstadt beraten wird. Darin sind Spezialisten der Stadtentwässerung und von sechs städtischen Ämtern aktiv. „Wir haben drei Säulen für unsere Arbeit“, erklärt der Arbeitsgruppen-Chef.

Eigentümer zu kleinen Schritten motivieren

Ein erster Schritt ist eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit. „Damit wollen wir den Blick von Bürgern, Investoren und Bauwilligen auf das Problem lenken“, sagt er. „Das wichtigste Potenzial liegt nicht in den Neubauten, sondern im Bestand.“ Es gehe vor allem darum, Grundstücksbesitzer dazu zu bewegen, ihren Beitrag zur Schwammstadt zu leisten.

Dabei soll einerseits informiert werden, zum anderen sollen jedoch auch Anreize geschaffen werden. So könnte Regenwasser vom Dach aufgefangen und in Zisternen gespeichert werden, um es zum Bewässern des Gartens oder der Wiese vorm Haus zu nutzen. So würde das Wasser nicht in den Kanal fließen.  „Wir prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, für eine teilweise oder vollständige Befreiung von der Niederschlagswassergebühr oder wie wir andere Anreize schaffen können“, erläutert er. Darüber wurde bereits in der Arbeitsgruppe gesprochen.

Das Umweltamt habe bereits mit 30 Grundstückseigentümern ein Projekt zum klimaangepassten Bauen und Sanieren begonnen. Untersucht wurde, wie Gebäude klimagerecht angepasst werden können und das Regenwasser am Haus gesammelt und genutzt werden kann. Dabei geht es jedoch nicht nur ums Speichern des Regenwassers. Denn Hochwasser und Starkregen haben in den letzten Jahren an vielen Gebäuden in Dresden hohe Schäden angerichtet. Zudem sorgt Sommerhitze für teils unerträglich hohe Temperaturen in Innenräumen.

Bei der „Integrativen Bürgerberatung zum klimaangepassten Bauen“ (InKlibau) steht vor allem die Frage, wie Eigentümer oder Bauherr ihr Haus an diese klimawandelbedingten Ereignisse anpassen und damit vorsorgen können. Mit Gebäudesteckbriefen werden für die jeweiligen Gebäudetypen und klimatische Extreme verschiedene Anpassungsmaßnahmen vorgeschlagen. Im Internet sind unter: www.dresden.de/inklibau Details dazu erläutert. Dabei sei ein breites Spektrum möglich, erklärt Trülzsch. Als Beispiele führt er Regenwassersammler, Versickerungsmulden oder die Pflanzung von Bäumen an, die für Schatten sorgen. Das Umweltamt will jetzt mit weiteren 30 Grundstücksbesitzern dieses Projekt fortsetzen.

Die Öffentlichkeitsarbeit zur Schwammstadt soll forciert werden. Geplant sind ab dem nächsten Jahr Workshops und Informationsveranstaltungen. Daran sollen nicht nur einzelne Hausbesitzer, sondern auch Wohnungsunternehmen und -genossenschaften oder Eigentümergemeinschaften.

Geplant ist, einen gemeinsamen Internetauftritt zur Schwammstadt Dresden zu entwickeln. Auf den könnte dann auch auf den Seiten der einzelnen Ämter und der Stadtentwässerung verwiesen werden.

Planungen ans Schwammstadt-Prinzip anpassen

Bei einem zweiten Schwerpunkt sollen alle Planungsprozesse untersucht werden, wie sie dem Ziel der besseren Nutzung des Regenwassers in einer Schwammstadt Dresden angepasst werden können. Das Spektrum soll vom Bebauungsplan über Verkehrs- und Freiflächenplanungen bis hin zum Bau einzelner Häuser reichen. In Leipzig gibt es bereits ein Vorzeigeprojekt. Bei der Schwammstadt-Tagung im März hatte ein Wissenschaftler vom Helmholtz-Umweltforschungszentrum vorgestellt, wie in einem 35 Hektar großen Neubaugebiet für 3.000 Menschen das gesamte Regenwasser vor Ort genutzt wird.

„Wir prüfen jetzt, wie die Planungen in Dresden ablaufen“, verweist Stefan Trülzsch auf die nächste Aufgabe. Ermittelt werden soll, was fehlt und welche Satzungen und Richtlinien angepasst oder neu aufgestellt werden müssen. „Im Sommer sollen die ersten Ergebnisse vorliegen“, sagt er.

Konkrete Regelungen zur Schwammstadt

Im dritten Schritt ist geplant, konkrete Stadtratsvorlagen zu erarbeiten. So könnten auch Modellprojekte für eine umweltfreundliche Nutzung von Flächen entwickelt werden können. Einen ersten Plan gibt es bereits fürs neue Gymnasium Linkselbisch Ost (LeO) vor. Das soll ab Anfang kommenden Jahres an der Bodenbacher Straße neben dem Stadion an der Margon-Arena gebaut werden. Dort soll das gesamte Regenwasser auf dem Grundstück zurückgehalten werden. Geplant ist, das Dach, die Fassade und den Pausenhof zu begrünen. In Tiefbeeten und Mulden soll selbst bei Starkregen Wasser zurückgehalten werden können. Regenversickerungssysteme sollen mit sogenannten Rigolen sowohl auf Freiflächen als auch unter Bäumen am Weg zur Winterbergstraße angelegt werden.